Kiel am 1. Februar 1851: Wilhelm Bauer besteigt zusammen mit den Matrosen Witt und Thomsen den von ihm entwickelten „Brandtaucher“, um die erste Tauchfahrt mit einem modernen U-Boot zu unternehmen. Da Bauers Vorgesetzte seinen Berechnungen keinen Glauben schenken wollten, waren die Wandstärken und Rippen des „Brandtauchers“ nur unzureichend ausgeführt worden. Den Beteiligten war bewusst, dass eine Tauchtiefe von 9 m nicht überschritten werden durfte, da der Wasserdruck das U-Boot sonst zerstören würde.
Das Ruder des Tauchapparates wurde vom Bug aus gesteuert; der Antrieb erfolgte durch zwei große Speichenräder, die die beiden Matrosen mit Muskelkraft antreiben sollten. Im Bauch des U-Bootes befand sich außerdem ein bewegliches Ausgleichsgewicht, mit dem man das U-Boot immer waagerecht halten konnte. Da Wandstärken und Rippen des U-Bootes aus Kostengründen nicht wie von Bauer berechnet ausgeführt wurden, mußte er 11 Tonnen Eisenschrott als zusätzliches Gewicht mit an Bord nehmen.
Das Heck sank schneller als der Rest des U-Boots. Bauer verstellte zwar geistesgegenwärtig das Ausgleichsgewicht, jedoch kam durch die Schräglage der Eisenschrott ins Rutschen und stürzte in das ohnehin schon tiefer gelegene Heck. Wie von Bauer berechnet, verformte der Wasserdruck bei 9 m Tiefe die Außenhaut des „Brandtauchers“. Die Antriebsvorrichtung wurde zerstört und die drei Pioniere saßen auf dem Grund des Kieler Hafens in 15 m Tiefe fest.
Der Brandtaucher im militärhistorischen Museum Dresden
Die Jungfernfahrt des Brandtauchers in Kiel 1. Feburar 1851
WILHELM BAUER
Wilhelm Bauer wurde am 23.12.1822 als Sohn eines Kavallerieunteroffiziers in Dillingen geboren. Der technisch begabte Junge zog nach zwei Grundschuljahren mit seiner Familie in das damals bayrische Speyer. Nach weiteren zwei Jahren wurde der Vater zur Leibgarde nach München versetzt. Nach Beendigung der Schule absolvierte der junge Wilhelm eine Drechslerlehre und ging auf Wanderschaft, die ihn bis an die Nordseeküste führte.
Anders als ursprünglich von ihm geplant wurde er dann selbst Berufssoldat und wurde 1848 auf Seiten des bayrischen Kontingentes als Kommandeur einer Strandbatterie Kriegsteilnehmer während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung. Während dieser kriegerischen Auseinandersetzung entwickelte er die Idee, ein U-Boot als Waffe einzusetzen.
Die Tauchfahrt geriet zu einer Katastrophe, da Expertenkommisionen Bauers Berechnungen in Zweifel zogen und die Außenhaut und Stärke der Rippen nur unzureichend ausführen ließen. Besessen von der Idee, ein weiteres U-Boot nach seinen Plänen ausführen zu lassen, reiste Bauer jahrelang durch Europa, um unter den Regierungen Geldgeber zu finden.
In Großbritannien sollten seine Pläne umgesetzt werden, jedoch sah er, wie seine Ideen von englischen Ingenieuren als eigene Erfindung ausgegeben wurden. Er wechselte während des Krimkrieges die Seiten und setzte sich ins zaristische Russland ab, wo er, unterstützt vom Bruder des Zaren, der Marineminister war, den „Seeteufel“ baute, mit dem er über 130 erfolgreiche Tauchfahrten unternahm und zahlreiche Experimente unter Wasser ausführte.
Neben dem U-Boot beschäftigte sich Wilhelm Bauer mit anderen technischen Problemen seiner Zeit, wie der Entwicklung des Automobils, der Luftfahrt und dem Verbrennungsmotor. Er entwickelte Eisbrecher, selbsttätige Seezeichen, beschäftigte sich mit Telegraphie, der Verlegung von Seekabeln, unsinkbaren Rettungsbooten und der Hebung von Schiffswracks mittels Luftsäcken.
Schnell erkannte er, dass Unterwasser-Schifffahrt, Automobil und Luftfahrt nur erfolgreich sein können, wenn leistungsfähige und leichte Antriebstechniken zur Verfügung stehen. Er arbeitete an der Verbesserung des Verbrennungsmotors, entwickelte Turbinenantriebe und dachte sogar an einen chemischen Reaktor, der als Antrieb unter Wasser sein U-Boot bewegen sollte.
Seiner Zeit weit voraus, wurde der Wert seiner Überlegungen nicht erkannt. Seine schwierige Persönlichkeit machte ihn den Umgang mit adeligen Offizieren und Behörden nicht leichter, letztendlich scheiterte er nicht nur an den politischen Umständen in Deutschland, sondern auch an der eigenen Ehrlichkeit.
Wilhelm Bauers größter Erfolg war die Hebung des Raddampfers „Ludwig“, der in den 1860er-Jahren im Bodensee gesunken war. Er bildete Taucher aus, die an dem Wrack Luftsäcke befestigten, die unter Wasser dann mit Luft befüllt wurden. Mit einem Redakteur des ersten erfolgreichen deutschen Massenblattes, der „Gartenlaube“, war Wilhelm Bauer viele Jahre eng befreundet. Geschickt nützte er diese Verbindung aus, um seine Ideen zu propagieren. Über viele Jahre berichtete die „Gartenlaube“ über Wilhelm Bauer und seine Erfindungen.
1875 verstarb Wilhelm Bauer, gesundheitlich stark beeinträchtigt, in München.
Die Jungfernfahrt des Brandtauchers in Kiel 1. Feburar 1851
Der Wasserdruck in 15 m Tiefe machte es unmöglich, die Ausstiegsluke zu öffnen. Ein Leck ließ Wasser ins Innere des Wracks strömen. In dieser Gefahr war jedoch die Rettung, da die Luftblase in der die drei Männer sich befanden, so komprimiert wurde und dem Wasserdruck, der die Luke verschloss, entgegenwirken konnte. 6 h Stunden warteten sie unter Wasser auf diesen Zeitpunkt.
Das Öffnen der Luke ließ Wasser ins Innere des U-Bootes strömen. Dadurch wurde die Luft im Inneren noch mehr komprimiert, so dass der erste Matrose innerhalb einer Sekunde an die Wasseroberfläche gelangte, über sie hinausschoss und dann wieder im Wasser landete. Bauer packte beim zweiten Ausstieg den Matrosen, den er zuvor mit einer Pistole in Schach halten musste, bei den Haaren und zog den Nichtschwimmer so aus dem Wrack.
Unbeschadet an der Oberfläche angekommen stellten die drei Männer fest, dass man oben bereits eine Leichenrede auf sie hielt, da niemand mit ihrer Rettung gerechnet hatte. Um so größer war der Jubel der zur Rettungsmannschaften. Am selben Tag wurde das seit drei Jahren umkämpfte Schleswig-Holstein an Dänemark übergeben und die Schleswig-Holsteinische Armee aufgelöst. Bauers neunjährige Dienstzeit endete und er kehrte als Zivilist nach Bayern zurück.